DAS KIRCHLICHE FEST ALLERHEILIGEN

AUTOR: Josef Theobald

Die Kelten feierten den Jahreswechsel in der Nacht zum 1. November.
Der Jahreswechsel wurde „Sam-Hain“ (= das Ende des Sommers) ge-
nannt. Sie gedachten dabei der toten Seelen. Zu diesem Fest sollen
große Feuer und das Opfern von Getreide und Tieren gehört haben.
Mit den Opfern sollten die Seelen der Verstorbenen besänftigt wer-
den.

Die Menschen im Römischen Reich sollen ebenfalls im Herbst ein
Fest in Erinnerung der Verstorbenen begangen haben, nämlich das
„Lemurenfest“. Lemuren waren die Seelen der Verstorbenen, welche
als Dämonen und Geister weiter die Lebenden begleiteten.

Die christliche Kirche assimilierte den vermutlich nicht auszurottenden
Brauch in einem Gedenktag für „alle heiligen Seelen“ = „Allerheiligen“.
Grundsätzlich gilt die gesamte christliche Gemeinschaft als heilig. Ver-
mutlich durch Übernahme einer um 150 v. Chr. im Judentum aufkom-
menden Märtyrer-Theologie (Märtyrer -griechisch- = Zeuge) haben
die mit dem Leben bezahlten Glaubenszeugen eine besondere heilige
Bedeutung erlangt. Jene, welche für ihr Zeugnis Folter, Verfolgung und
Entbehrung erlitten, werden „Bekenner“ genannt. [1]

„Allerheiligen“ ist in der katholischen Kirche das Sammelfest für alle
Heiligen am 1. November. Die Kirche gedenkt mit diesem Hochfest
nicht nur der vom Papst heiliggesprochenen Frauen und Männer,
sondern auch der vielen Menschen, die eher unspektakulär und
still ihren Glauben gelebt und ihr Christentum konsequent verwirk-
licht haben. [2]

Der älteste Beleg für diesen „Herrentag aller Heiligen“ findet sich im
4. Jahrhundert bei Johannes Chrysostomos. Er ist am Sonntag nach
Pfingsten datiert, da ursprünglich die Osterzeit mit dem Totengedenken
verknüpft war. Papst Bonifatius IV. weihte 609 das zuvor der heidnisch-
antiken Götterwelt zugeschriebene Pantheon in Rom der Jungfrau Maria
und allen Heiligen. Daraufhin wurde jedes Jahr am Freitag nach Ostern
den Heiligen gedacht.

In Irland entstand ab dem 8. Jahrhundert ein neuer Hintergrund für das
Heiligenfest: Der Zusammenhang mit Ostern verblasste allmählich, statt-
dessen rückte die sterbende Natur, durch die die ewige Welt der Heiligen
sichtbarer wird, in den Vordergrund. So wurde dort der 1. November der
neue Termin des Festes, zugleich Winterbeginn und Jahresanfang. Im
9. Jahrhundert brachten irische Missionare dieses Brauchtum auf den
Kontinent. Papst Gregor IV. dehnte den Gedächtnistag auf die ganze
Kirche aus. [3]

Nach dem Entstehen des Festes „Allerheiligen“ wurde das Fest im
Kloster und in der Kongregation von CLUNY unter dem Abt ODILO
(994-1048) als Totengedächtnis eifrig in Gebet und Opfer gepflegt.
Dies brachte eine Menge von Güterschenkungen ein. Daher wurde
das Kloster von CLUNY allmählich reich und mächtig. [4]

ANMERKUNGEN
[1] Hans-Peter Ebert, Festtage zum Nachlesen (Hintergründe
zu Zeitrechnung und Brauchtum), DRW-Verlag, Leinfelden-Ech-
teredingen 2001, Seiten 100 + 101.
[2] Manfred Becker-Huberti – Ulrich Lota, KATHOLISCH (A-Z),
Das Handlexikon, Verlag Herder, Freiburg (Breisgau) 2009,
Seite 15.
[3] Die wichtigsten Gedenk- und Feiertage (Religiöse und na-
tionale Feiertage weltweit), Chronik Bertelsmann, Wissen Me-
dia Verlag, Gütersloh/München 2009, Seiten 52 + 53.
[4] Bihlmeyer – Tüchle, Kirchengeschichte, Zweiter Teil: Das
Mittelalter, 12. Auflage, Verlag Ferdinand Schöningh, Pader-
born 1948, §§ 100,1 + 101,3.