DIE POLITISCHE ANNÄHERUNG CHINAS AN DIE FRÜHERE DDR

AUTOR: Josef Theobald

Gegen Ende der Achtziger Jahre hatte die Volksrepublik China wieder
ein von ideologischer Verbundenheit geprägtes, enges Verhältnis zur
früheren DDR entwickelt. In einer Erklärung vom 11. Juni 1989 hatte
die DDR-Volkskammer die Niederschlagung der Demokratiebewegung
auf dem Tian‘anmen am 4. Juni demonstrativ unterstützt. Beide Seiten
schickten sogar hochrangige Vertreter zu den Feierlichkeiten anlässlich
des jeweiligen vierzigjährigen Jubiläums ihrer Staatsgründungen. [1]

Einzelnen Reportagen war zu entnehmen, dass es auch Kooperationen
zwischen chinesischen und DDR-Betrieben gab. Hier sei nur die geübte
Zusammenarbeit des VEB Waggonbau Dessau mit dem Beijing Eisen-
bahn-Waggonbetrieb Depot Fengtai genannt. Der Betrieb aus der DDR
hatte sich auf dem Gebiet der Kühlwagen hervorgetan. [2] Erste Kontakte
Im Bereich des Außenhandels gab es wieder nach der Öffnungspolitik, als
von einer Rostocker Werft Handelsschiffe geordert wurden, die für den er-
weiterten Im- und Export dringend benötigt wurden.

Diese Lage wurde dadurch begünstigt, dass in der Volksrepublik angesichts
intensiver wirtschaftlicher Beziehungen im Land eine Verwestlichung drohte.
Schon aus den letzten Jahrhunderten sind Abwehrmaßnahmen gegen aus-
ländische Einflüsse bekannt geworden. Um Mitte der Achtziger Jahre ging
es vor allem um den Aufbau der sozialistischen geistigen Zivilisation. Wie
ab 1963 während der Erziehungsbewegung wurde hier der militärische Ein-
fluss gestärkt. Hier schien eine Kooperation mit dem typischen Polizei- und
Überwachungsstaat DDR schlichtweg ideal.

Durch den Bruch mit Albanien waren die Informationen über die frühere DDR
äußerst beschränkt gewesen. Man verwies angesichts der Wiedervereinigung
in Deutschland auf makroökonomische Aspekte. Die DDR war damals Mitglied
des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW, englisch: COMECON). In der
Wiedervereinigung sah China eine gravierende Schwächung des Sowjetsystems.
Man wusste nicht, dass aus Interesse der Devisenbeschaffung die westdeutsche
Wirtschaft mit der ostdeutschen eng verbunden war.

Dazu kamen bestimmte wirtschaftliche Vorteile für die DDR-Wirtschaft, wie die
Zollfreiheit bei DDR-Importen, zinslose Überziehungskredite bis 800 Millionen
DM und die Erstattung der Umsatzsteuer. Dies machte allerdings die Wirtschaft
im Osten von den Weltmarktbedingungen im Westen abhängig. Um die gleiche
Menge an Devisen zu erwirtschaften, musste die DDR Jahr für Jahr mehr Waren
exportieren.

Im innerdeutschen Handel spielten vor allem Kooperationen mit dem Schuhher-
steller Salamander, dem Bekleidungsunternehmen Triumph, dem Kosmetikher-
steller Schwarzkopf, dem Großversandhaus Quelle usw. eine besondere Rolle.
Durch die günstigen Produktionsbedingungen in der DDR waren fast traumhafte
Extraprofite für diese Wirtschaftsbetriebe im Westen möglich geworden. Mit der
Zeit wurde die DDR-Wirtschaft zunehmend von der westdeutschen abhängig.

Nahezu unbekannt war die Imes GmbH, die für den illegalen Waffenhandel mit
den Ländern im Nahen Osten, in Afrika und Südamerika zuständig war. Jene
Firma unterstand direkt dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS), wie die
„Delta“, die für die Beschaffung von Importwaren für die Versorgung der in
Berlin-Wandlitz gelegenen Funktionärssiedlung zuständig war.

Bis Mitte der Achtziger Jahre hatten ebenfalls Produkte aus dem Bereich der
Unterhaltungselektronik reges Interesse geweckt. Diese gehörten bei Quelle
zur Marke PRIVILEG. Allerdings verdrängten im Verlauf der Achtziger Jahre
die Marken aus Fernost zunehmend deutsche Marken, wie Telefunken und
Grundig. So blieb allein die Sparte der weißen Ware, wie Waschmaschinen,
Kühlschränke und Spülmaschinen, übrig.

In der Honecker-Ära spielte die Rentabilität einzelner Branchen eine größere
Rolle als die ständige Rentabilität, die nach der reinen Lehre der politischen
Ökonomie vom Standpunkt der gesamten Volkswirtschaft betrachtet nur von
der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und der Planung der Volks-
wirtschaft gewährleistet werden konnte. [3]         

ANMERKUNGEN
[1] Bundesrepublik Deutschland und China (1949 bis 1995), Akademie
     Verlag, Berlin 1995, Seite 320.    
[2] China heute, Nr. 1 vom Januar 1989, Seiten 28 – 30.
[3] J. W. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR,
     Verlag für fremdsprachige Literatur, Beijing (China) 1972, Seite 27.