AUTOR: Josef Theobald
1892 forderte die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Julia Ward Howe,
in den USA einen nationalen Feiertag für die Mütter einzuführen, um die
Mütter gemeinsam gegen den Krieg zu mobilisieren. Später nahm Anna
Marie Jarvis (1864-1948) aus Philadelphia diese Idee wieder auf. [1] im
Jahre 1908 rief diese Frau in den USA zu einem „General Memorial Day
of all Mothers“ („Allgemeinen Gedenktag für alle Mütter“) auf. Sie wollte
hier ursprünglich an ihre eigene Mutter erinnern, die am zweiten Sonntag
im Mai des Jahres 1905 gestorben war. Annas Mutter war ebenfalls eine
Frauenrechtlerin gewesen und hatte schon 1858 einen „Mother’s Work
Day“ organisiert. Anna Jarvis selbst blieb ledig und hatte keine Kinder.
[2]
1910 wurde der Gedenktag schließlich im Bundesstaat West-Virginia
eingeführt, andere Bundesstaaten folgten. [1] Schließlich erklärte der
US-Kongress 1914 den Muttertag zum staatlichen Feiertag. Präsident
Wilson legte diesen Tag offiziell auf den zweiten Sonntag im Mai. Er
sollte als „öffentlicher Ausdruck unserer Liebe und Verehrung für die
Mütter unseres Landes“ begangen werden. Die Heilsarmee brachte
diesen Gedenktag nach Europa.
Dank der Werbekampagnen der Blumenzüchter und Floristen konnte sich
der Muttertag etablieren. Die Schweiz übernahm ihn 1917. In Deutschland
feierte man den Muttertag 1923 zum ersten Mal offiziell und bemühte sich
noch 1926 mit begrenztem Erfolg um die staatliche Anerkennung. In der
Zeit des Nationalsozialismus wurde er schließlich 1933 zum Feiertag er-
klärt. [2] Richtig etabliert hat ihn allerdings der Verband der Deutschen
Blumengeschäftsinhaber. [1]
In Griechenland und Kleinasien gab es schon im Altertum einen Mutter-
kult. Der Gedenktag für die Göttermütter Kybele und Rhea wurde an den
Iden des März (Mitte März) gefeiert. „Kybele“ war die „Große Mutter“ der
kleinasiatischen Küstenvölker. Sie war zugleich Muttergottheit und die
Fruchtbarkeitsgöttin. Als Mutter der olympischen Götter wurde „Rhea“
mit der kleinasiatischen Göttermutter Kybele (Magna Mater) gleichge-
setzt. [3]
Der Muttertag steht heute im Wettbewerb zum Internationalen Frauen-
tag, der am 8. März gefeiert wird. Im Westen Deutschlands hatte sich
aber der Muttertag als der nationale Frauentag durchgesetzt. Im Osten
Deutschlands hat der Internationale Frauentag als sozialistisches Erbe
einen höheren Stellenwert.
ANMERKUNGEN [1] Die wichtigsten Feier- und Gedenktage (Religiöse und nationale Feiertage weltweit), Bertelsmann Chronik, wissenmedia Verlag, Gütersloh/München 2009, Seiten 201 + 202. [2] Hans-Peter Ebert, Festtage zum Nachlesen (Hintergründe zu Zeit- rechnung und Brauchtum), DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2001, Seite 86. [3] LEXIKON DER ANTIKE, Anaconda Verlag, Köln 2010, die Seiten 322 + 493.