DIE ANFÄNGE BEIM EVANGELIUMS-RUNDFUNK IN WETZLAR

AUTOR: Josef Theobald

Schon Mitte der Fünfziger Jahre gab es auf der Frequenz 9490
kHz religiöse Sendungen der „Stimme von Tanger“ in deutscher
Sprache unter dem Rufzeichen WTAN. Diese Station gilt heute
als Vorläufer-Sender von TRANS WORLD RADIO. Damals war
in der Zeit zwischen 20.45 und 21.15 Uhr eine Andacht und eine
Predigt mit Orgelmusik in Deutsch zu hören. Ab 21.16 Uhr gab es
eine Ansage in Jiddisch. [1]

Im Oktober 1959 wurde der Evangeliums-Rundfunk (kurz: ERF) als
Verein des deutschsprachigen Zweiges von TRANS WORLD RADIO
gegründet. Im Februar 1961 begannen die ersten Sendungen über
RADIO MONTE CARLO, einem kommerziellen Unternehmen, das
zu dieser Zeit die notwendigen technischen Anlagen besaß. Einige
der Sender stand ausschließlich dem TRANS WORLD RADIO, der
Schwesterorganisation des ERF, zur Verfügung, das ebenfalls für
den Sendebetrieb verantwortlich war.

Der Versand der Tonbänder nach Monaco wurde etwa zwei Wochen
vor dem jeweiligen Sendebeginn per Luftfracht vorgenommen. Wenn
jedoch anlässlich besonderer Veranstaltungen eine aktuelle Bericht-
erstattung erfolgen musste, wurden die Programme über gemietete
Tonleitungen der Post zur Sendestelle übertragen.

Die Empfangsqualität der Sendungen wurde mit Spezialempfängern
täglich überwacht. Erforderliche Frequenzänderungen beantragte der
ERF bei der Sendestation aufgrund von Empfangsprognosen der da-
maligen Deutschen Bundespost.

Seit seiner Gründung befindet sich die Zentrale mit Redaktion, Technik
und Verwaltung im hessischen Wetzlar. Im Mai 1971 bezog man einen
mit 1,2 Millionen DM veranschlagten Neubau in Wetzlar-Dalheim. Die
Mitarbeiterzahl betrug zu diesem Zeitpunkt 66.

Der ERF arbeitet als Teil der deutschen Evangelischen Allianz mit Men-
schen aus unterschiedlichen Kirchen und Gruppierungen zusammen, die
bewusst als Christen leben. Diese konfessionelle Vielfalt ist erwünscht, da
man kein Kirchensender sein will. Andererseits erfordert dieser Anspruch
aber einen Konsens über die vertretenen Lehren. Ebenso wie die Verkün-
der und die Mitglieder des Vereins, dem juristischen Träger des Missions-
werkes, kommen auch die festangestellten Mitarbeiter aus verschiedenen
Kirchen und Gemeinden. Viele Autoren erfüllen ihren Programmauftrag nur
ehrenamtlich. So kooperierten 1982 700 Verkünder mit dem ERF. Regel-
mäßig gibt es hier regional angelegte Arbeitskreise zum Erfahrungsaus-
tausch und zur Weiterbildung.

Der ERF stellt eine Rundfunkanstalt am Rande der deutschen Medienland-
schaft dar. Denn Lebenshilfe wird hier ganz groß geschrieben. In dem Jahre
1982 wurden nebenbei 100 Kliniken und Seniorenheime mit speziellen Ton-
bandprogrammen versorgt. Hier griff man bevorzugt auf Programme zurück,
die parallel auch im Radio liefen. Einige Justizvollzugsanstalten nahmen je-
nen Service ebenso in Anspruch. Außerdem bot man Sendungen für die aus-
ländischen Arbeitnehmer, und zwar in fünf Sprachen, sowie Sprachkurse für
ausländische Mitbürger an.

In den Achtziger Jahren unterhielt man ein Seelsorge-Kontaktnetz, das 1200
Personen umfasste. Hier bediente man sich der Brief- und Telefonseelsorge,
um Glaubens- und Lebenshilfe geben zu können. So erreichten die Seelsor-
geabteilung durchschnittlich 490 Zuschriften im Monat. Hier sind Pastoren,
Ärzte und Psychotherapeuten im ganzen Land tätig.

Weitblick und Engagement bestimmen die journalistische Arbeit. So stellte
man sich vielen Auseinandersetzungen, wie z. B. im Zusammenhang mit
der Ehescheidung, dem Jugendrecht und der Friedensdiskussion.

Das Abendprogramm um 20.30 Uhr enthielt Vorträge und Gespräche zu den
aktuellen Themen, Reportagen zu christlichen Veranstaltungen, Kommentare
zum Zeitgeschehen sowie Berichte aus Mission und Gemeinde. [2]

Dies alles war nur ein Querschnitt der Rundfunkarbeit des ERF. Heute vereint
man die Medien RADIO und FERNSEHEN. Dank moderner Technologien ist
es möglich, noch mehr Interessenten zu erreichen. So ist man als ehemaliger
kleiner Radiosender zu einem großen Medienkonzern gewachsen.      

ANMERKUNGEN
[1] kurzwelle aktuell, Autor: Hermann Jäger, In alten Logblättern geblättert (III).   
[2] SEIN NAME IST PROGRAMM – DER EVANGELIUMS-RUNDFUNK (ERF
     Wetzlar, eine Rundfunkanstalt mit besonderem Auftrag), KURIER der ADDX
     e. V. Nr. 21/1982, Seiten 10 – 12 / antenne (ERF) Nr. 9 vom September 89,
     Seiten 34 + 35.