DIE TEXTILINDUSTRIE NACH DER KULTURREVOLUTION

AUTOR: Josef Theobald

Seit Mitte der Fünfziger Jahre war Baumwollstoff in der Volksrepublik
China rationiert. Davon ausgenommen waren verschiedene Arten von
Textilien aus Baumwolle, die als Frottiertücher, Socken usw. auf den
Markt kamen. Es wurden außerdem Wollstoffe, Seide, Hanfstoffe und
die meisten Arten von Textilien aus Kunstfasern unbeschränkt verkauft.

Vor allem in den Jahren des Kulturrevolution (1966-1976) herrschte
wegen der propagierten ultralinken Ideen beim Angebot an Kleidung
Uniformität. Auch hatten die in der Textilindustrie tätigen Designer
keinen Mut, neue Muster und neue Arten von Stoffen zu entwerfen.
Die Folge davon war, dass mehrere Jahrzehnte lang auf dem Markt
nur immer dieselben Stoffe in denselben Farben zu kaufen waren,
vorwiegend Khaki, Gabardine, Kord und andere Baumwollstoffe in
Blau, Grau und Armeegrün.

Anfang und Mitte der Siebziger Jahre waren in der Volksrepublik
Polyesterstoffe, unter dem Handelsnamen Diolen und Mischfaser-
stoffe wie Dacron mit Baumwolle begehrt, seit Ende der Siebziger
Jahre jedoch Textilien aus mittellangen Chemiefasern und Wirk-
waren aus langen Polyesterfasern sowie Textilien aus Mischfaser-
stoffen (Polyester und Baumwolle) insbesondere Khaki. Anfang
der Siebziger Jahre standen die Kunden in den Warenhäusern
noch Schlange, um hier Khaki aus Mischfaserstoff zu kaufen.
Entsprechend den neuen Bedürfnissen waren Anfang der Acht-
ziger Jahre die Textilfabriken in der Lage, neue Mischfaserstoffe
zu entwerfen und herzustellen.

So hatten die alten Textilindustrie-Basen in Shanghai, Tianjin, Qing-
dao, Wuhan und im Süden der Provinzen Jiangsu bzw. Liaoning ein
neues Niveau erreicht. Die Hafenstadt Shanghai, das Zentrum der
chinesischen Textilindustrie, zählte Anfang der Achtziger Jahre mehr
als 400.000 Textilarbeiter und -techniker. In den 30 Jahren davor hatte
sich die Textilproduktion hier mehr als verfünffacht. Seit einigen Jahren
werden viele Textilarten von dort in mehr als hundert Länder und Gebiete
exportiert.

Im Bereich der chinesischen Chemiefaserindustrie entstand in den Sieb-
ziger Jahren eine große Anzahl von großen und mittelgroßen Vinylon-
und Polyakrylnitrilfaserfabriken sowie eine Anzahl von mittelgroßen und
kleinen Polyesterfaserfabriken. Die Produktion von Chemiefasern stieg
von 50.000 t im Jahre 1965 auf 440.000 t im Jahre 1980.

QUELLE
Chinas Wirtschaft, Reihe: DIE GROSSE MAUER, Artikel: „Kleidung für
eine Milliarde“, Herausgeber: China heute, Beijing (China) 1985, Seiten
120 – 127.