AUTOR: Josef Theobald
VORWORT
 Seit dem Jahr 1979 hatte China die Nutzung ausländischer Direktinvestitionen
 zugelassen und diese später durch entsprechende Gesetze geschützt. Im da-
 maligen sozialistischen Lager gab es Besorgnis, China würde dadurch von der
 kommunistischen Lehre abweichen. Ebenso gab es innerhalb der KP Chinas  
 Bedenken, dass durch die Wirtschaftsreformen China kapitalistisch würde. Die
 Ursache hierfür waren Angst und Schrecken vor allem bei älteren Genossen an-
 gesichts des Auftauchens eines kapitalistischen Phänomens. [1] Deshalb gab es
 in dieser Zeit die Veröffentlichung einer Anzahl von Artikeln, die sich schwerpunkt-
 mäßig mit der Neuen Ökonomischen Politik (NÖP) in der ehemaligen Sowjetunion
 befassten.
 Die Modernisierung der chinesischen Wirtschaft setzte nach dem unteren Schema
 auch in der Landwirtschaft an. Ihr folgten dann die Bereiche der Industrie.
BEITRAG
 Als gute Grundlage für die NÖP gelten zum einen die Werke Lenins und zum
 anderen die Werke Stalins. Im 8. Band der Werke Stalins gibt es eine gut ver-
 anschaulichte Zusammenfassung.
 In der ersten Phase ging es vor allem darum, die Landwirtschaft zu entwickeln.
 Erst danach war es möglich, auch die Industrie entsprechend zu entwickeln. Es
 waren dabei mindestens drei Voraussetzungen gegeben:
– erstens ein innerer Markt, der sich einstweilen als bäuerlicher Markt gestaltete,
 – zweitens eine mehr oder weniger entwickelte Rohstoffproduktion in der Land-
   wirtschaft (Zuckerrüben, Flachs, Baumwolle usw.),
 – drittens die geschaffene Möglichkeit, dass die Dörfer ein bestimmtes Minimum
    landwirtschaftlicher Produkte für die Versorgung der Industrie und der Arbeiter
    abgeben.
Industrie. Denn jetzt konnte sich die Landwirtschaft nicht selbst weiterentwickeln,
ohne dass rechtzeitig landwirtschaftliche Maschinen, Traktoren, Industrieerzeug-
nisse usw. geliefert werden konnten. So wurde die Entfaltung der Industrie zu ei-
nem Angelpunkt, ohne die die Volkswirtschaft als Ganzes in eine Sackgasse ge-
schließlich die Entwicklung der Schwerindustrie (Brennstoffe, Metall und derglei-
chen). Die Entwicklung eines eigenen Maschinenbaus stand dann am Ende.
 Daraus folgte, dass sich die Industrialisierung eines Landes nicht in der Entwicklung
 irgendeiner beliebigen Industrie, z. B. der Leichtindustrie, erschöpfen konnte, auch
 wenn die Entwicklung dieses Industriezweiges absolut wichtig war. Daher hatte man
 gerade in der Sowjetunion die Entwicklung der Schwerindustrie stark vorangebracht.
 Aus ihr resultierte die besondere Entwicklung des Maschinenbaus. Hier sah man da-
 her in der Bedrohung von außen eine Sicherung der ökonomischen Selbständigkeit
 der Sowjetunion nach außen. [2]
 Die Einführung der NÖP sah für eine bestimmte Zeitspanne die Zulassung des
 privaten Handels und des privaten Unternehmertums vor, was zu dieser Zeit zu
 einer gewissen Belebung eines Staatskapitalismus führte. Aber seine Entwicklung
 wurde lediglich in einem festgelegten Ausmaß zugelassen, wobei die Kommando-
 höhen in den Händen des proletarischen Staates blieben, der private Handel und
 der privatwirtschaftliche Kapitalismus staatlich reguliert wurden. Im Interesse die-
 ser Regulierung schlug Lenin ursprünglich vor, verschiedene Formen des „Staats-
 kapitlaismus“ – gemischte Gesellschaften, die Verpachtung staatlicher Betriebe an
 interessierte Privatpersonen, Konzessionen u. a. – zu nutzen. [3]  
 So wurden staatliche, gemischte und genossenschaftliche Aktiengesellschaften in
 der Sowjetunion mit der Bestätigung des Rates für Arbeit und Verteidigung von den
 Volkskommissariaten für Außenhandel, Innenhandel und Finanzen gegründet. Der
 Zweck ihrer Organisation lag in der Heranziehung von Mitteln, darunter auch der
 von Privatunternehmen, für die rascheste Wiederherstellung der Volkswirtschaft
 und für die Entwicklung des Warenaustauschs.
 Die gemischten Gesellschaften als eine der Arten von Aktiengesellschaften zogen
 ausländisches Kapital für die Aufbringung von Exportwaren innerhalb des Landes,
 für ihren Absatz im Ausland und für die Einfuhr der für die Wiederherstellung der
 Volkswirtschaft benötigten Artikel heran. Die gemischten Gesellschaften arbeiteten
 unter Kontrolle des Volkskommissariats für Außenhandel. Diese Aktiengesellschaften
 bestanden in der ersten Phase der NÖP. [4]  
 Während der Periode des 1. Fünfjahrplans (1928-1932) baute die Sowjetunion
 1500 neue Industriebetriebe auf und schuf damit eine Reihe für Russland neue-
 rer Industriezweige. Die meisten davon wurden mit importierten Know-how und
 importierten Anlagen ausgestattet. Anfang der Dreißiger Jahre war die Sowjet-
 union der größte Maschineneinkäufer der Welt. Auf sie entfiel ein Drittel bis die
 Hälfte des Gesamtvolumens des Maschinenexports der kapitalistischen Länder.
 Zweitens schloss sie mit Gesellschaften aus kapitalistischen Ländern Verträge
 über technische Hilfe ab und ließ sie einige Bauprojekte entwerfen, ausrüsten
 und aufbauen. Eine amerikanische Gesellschaft übernahm z. B. 1928 die Auf-
 gabe, 40 alte Betriebe der sowjetischen Hüttenindustrie umzubauen und 18
 neue Werke zu errichten. Von 1920 bis zum Beginn des II. Weltkrieges nahm
 die Sowjetunion im Ausland Anleihen von ca. 2 Millionen Rubel auf. Zudem er-
 richtete sie unter Beteiligung von ausländischem Kapital „Gemeinschaftsgesell-
 schaften“, bis Ende 1923 bereits 24. [5]
für fremdsprachige Literatur, Beijing (China) 1988, Seite 94.
– 108.
Berlin-Ost 1970, Seite 13.

