AUTOR: Josef Theobald
DIE CHRONIK
 31. 03. 1897      Reichsgesetz zum Bau und Betrieb der Strecke Dillingen
                           (Saar) – „neue Reichsgrenze“
 01. 07. 1901      Aufnahme des Reise- und Güterverkehrs auf der Strecke
                           Dillingen (Saar) – Busendorf (Bouzonville), Betriebsführung:
                           Reichseisenbahn Elsass-Lothringen
1918 – 1935 Betriebsführung durch die Reichsbahndirektion Saarbrücken
 1945                  Übernahme der Betriebsführung durch die Saarländischen
                           Eisenbahnen (SEB), ab 1951 durch die Eisenbahnen des
                           Saarlandes
 Juni 1948          Wiederaufnahme des Zugverkehrs, Reiseverkehr nur zwischen
                           Dillingen (Saar) – Niedaltdorf
 01. 01. 1957      Übernahme des Betriebes auf deutscher Seite durch die Deutsche
                           Bundesbahn (DB), auf französischer Seite von der SNCF
DIE DATEN
Kursbuchnummer (seit 1992) 687
Spurweite 1435 mm
Streckenlänge 20,3 km
größte Neigung 1 : 100
kleinster Bogenhalbmesser 300 m
Bahnhofsgebäude Siersburg, Hemmersdorf (Saar)
DIE DETAILS
 Noch heute herrscht auf der in Dillingen beginnenden und in das französische
 Bouzonville führenden Strecke ein reger Güterverkehr. Reisende werden auf
 französischer Seite schon seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr be-
 fördert. Die Deutsche Bahn betreibt den Abschnitt von Dillingen bis zum Hal-
 tepunkt Niedaltdorf mit Dieseltriebfahrzeugen. Früher waren es noch Wende-
 züge. Zwar gilt die Gesamtstrecke heute noch als Hauptbahn, aber ihr Neben-
 bahncharakter ist unübersehbar.
 Schon lange gibt es Bestrebungen, den Reiseverkehr auf deutscher Seite ein-
 zustellen und den Güterverkehr über eine andere Strecke umzuleiten.
 Durch die Eisenbahn erlebte das Saartal und hier besonders die Region
 um Dillingen einen enormen Aufschwung. Der im Jahre 1858 angelegte
 Bahnhof Dillingen erlangte durch den regen Berufsverkehr zur und von
 der Hütte sowie durch den An- und Abtransport der Roh- und Fertigpro-
 dukte dieses Werkes sehr schnell eine große Bedeutung. Frühzeitig er-
 kannte man, dass für den ständig wachsenden Personen- und Güterver-
 kehr weitere Bahnverbindungen geschaffen werden mussten. Dillingen
 sollte sich zu dem bedeutendsten Bahnknoten zwischen Saarbrücken
 und Trier entwickeln.
 Um den Erznachschub über einen längeren Zeitraum zu sichern und
 das Material auf direktem Weg wirtschaftlicher zu transportieren, wurde
 der Bau einer Zweigbahn zwischen Dillingen und dem lothringischen
 Busendorf (heute Bouzonville) beschlossen. Im Ergebnis des Krieges
 von 1870/71 wurden Elsass und Lothringen an das Deutsche Reich
 eingegliedert. Als Folge kaufte das Deutsche Reich die im französischen
 Besitz befindlichen Bahnen, da sie zum Schutze der Westgrenze als
 strategisch wichtig galten.
 Um den Streckenbau durchführen zu können, beteiligte sich die Dillinger
 Hütte mit 100.000 Mark an den Baukosten, die man insgesamt auf 9,5
 Millionen Mark geschätzt hatte. Die Bezeichnung „Niedtalbahn“ für den
 neuen Schienenstrang verdankt er dem Flusslauf der Nied. Die Nied ent-
 springt im lothringischen Bellenberg und mündet in Rehlingen in die Saar.
 Für den Bau der Bahnstrecke wurden der Reichsbahn vom deutschen Reichs-
 tag Mittel in Höhe von 8.991.000 Mark bewilligt. Das restliche Geld brachten die
 Interessenten Elsass-Lothringen mit 337.500 Mark, der Landkreis Saarlouis mit
 224.000 Mark, die Dillinger Hütte mit 100.000 Mark und andere Interessenten
 mit 11.500 Mark auf. Da die Dillinger Hütte auch ein Werk im lothringischen
 Redingen besaß, erlangte die geplante Strecke für sie eine besondere Be-
 deutung, konnten doch die Erztransporte aus Frankreich zur Saar wesentlich
 verkürzt werden. Immerhin hatte man in diesem Zusammenhang eine Fracht-
 ersparnis von 40.000 Mark pro Jahr errechnet.
 Im Herbst 1897 wurde schließlich mit dem Bau der Niedtalbahn begonnen.
 Gleichzeitig entstand ein Abzweiggleis von der Saartalbahn zwischen
 Dillingen und Beckingen zu Niedstrecke, das allerdings nur militärischen
 Zwecken diente. Über den im Volksmund als „totes Gleis“ bezeichneten
 Abschnitt rollten bei Kriegsausbruch 1914 Truppentransporte in Richtung
 Trier, ohne den Bahnhof Dillingen zu berühren. Die Arbeiten an der zu-
 nächst zweigleisig ausgebauten Strecke von Dillingen bis Busendorf
 konnten im Frühjahr 1901 abgeschlossen werden. Für die Aufschüttung
 des Bahndamms wurden die Erdmassen aus dem Gelände rechts der
 Straße zwischen Dillingen und Beckingen entnommen. So entstand hier
 jenes „Baggerloch“, das auch heute noch diesen Namen trägt.
 Bahnhöfe erhielten an der 20,3 km langen Strecke von Dillingen aus die
 Anliegergemeinden Büren-Itzbach (Kilometer 15,3) und Kerprichhemmers-
 dorf (Kilometer 10,9) auf deutschem Boden sowie Guerstling (Kilometer
 6,5) und Filstroff (Kilometer 2,3) auf französischem Gebiet. Zwei Tunnels,
 die 212 und 215 m lang sind, mussten auf französischer Seite errichtet
 werden. Der eine Tunnel auf deutschem Boden entstand kurz vor der
 Grenze, und zwar auf dem Abschnitt Kerprichhemmersdorf – Guerstling
 unweit des Ortes Niedaltdorf. Beim Bau des 180 m langen Niedaltdorfer
 Tunnels gab es große Probleme: eine instabile Plattform und fortwähren-
 der Wassereinbruch. So musste die Röhre teilweise neu errichtet werden.
 Hinzu kamen bis zur französischen Grenze zwei große Brückenbauwerke.
 Zum einen wurde bei Dillingen auf einem ansteigenden Damm die Saar
 überquert, zum andern bei Niedaltdorf ein Teil des tieferliegenden Ortes
 mittels eines gemauerten Viadukts überbrückt.
 Am 1. Juli 1901 wurde die Niedtalbahn feierlich eröffnet. Die Fortsetzung
 der Strecke von Busendorf nach Metz konnte erst im Jahre 1908 fertig-
 gestellt werden. Dadurch war eine neue, durchgehende und strategisch
 wichtige Verbindung von der Saar nach Metz und Thionville geschaffen.
 Nachdem schon im August 1901 die eingleisige Strecke von Dillingen
 nach Primsweiler eingeweiht worden war, wurde das Saartal nun auch
 mit dem Hochwald über die bereits bestehenden Strecken Lebach –
 Primsweiler – Büschfeld – Nonnweiler – Türkismühle und Lebach –
 Wemmetsweiler – Neunkirchen – Saarbrücken verbunden. Somit hatte
 sich der Bahnhof Dillingen kurz nach der Jahrhundertwende zu einem
 bedeutenden Bahnknotenpunkt mit lebhaftem Reise- und Güterverkehr
 entwickelt. Durch den Bau der Niedtal- und der Primstalbahn war eine
 Vergrößerung der bestehenden Bahnanlagen und des im Jahre 1858
 errichteten Empfangsgebäudes dringend notwendig geworden. Da die
 lothringischen Eisenbahnen ihre Züge mit eigenen Betriebsmitteln und
 Personalkräften fuhren, wurden in Dillingen zudem eigene Aufenthalts-
 räume und eine eigene Reparaturwerkstätte errichtet.
 Auf diese Weise entstand auch das Bahnbetriebswerk Dillingen, das
 sich an der westlichen Bahnhofsausfahrt Richtung Trier befand. Durch
 die Stationierung der Lokomotiven und den Bau einer Wagenwerk-
 stätte nahm der Dienstbetrieb einen großen Umfang an. Auf dem
 Bahnhofsgelände existierten drei Stellwerke, wovon ein Stellwerk
 ausschließlich den Rangierbetrieb sicherte.
 Quelle:
 GeraNova, Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland (einst und
 jetzt), Saarland, Strecke: Dillingen – Bouzonville, Autor: Rainer Schedler,
 die Seiten 1 – 10.

