AUTOR: Josef Thobald
 Viele christliche Freikirchen oder Denominationen, früher unter der
 Bezeichnung „Sekten“ bekannt, sind hauptsächlich dem christlichen
 Fundamentalismus zuzuordnen. Dabei sei hier vor allem an jene
 Gruppierungen gedacht, die den Sabbat als einzigen Ruhetag an-
 erkennen. Hierbei unterscheiden wir die Adventisten des Siebenten
 Tages und die einzelnen Gruppen, die aus der Weltweiten Kirche
 Gottes unter Herbert W. Armstrong hervorgegangen sind. Dazu
 zählen die Vereinte Kirche Gottes, die Living Church of God und
 die Philadelphia Church of God. Die ersten beiden Kirchen sind
 in Deutschland durch entsprechende Regionalbüros vertreten.
 Als ein abgespaltener Zweig der adventistischen Bewegung
 seien noch die in Deutschland agierenden Jehovas Zeugen
 genannt.
 Charakteristisch für alle ist die Kritik an der wissenschaftlichen
 Disziplin im Bereich der Schriftenforschung. Man sieht hier den
 Versuch, vom wahren Weg abzukommen. Man hält den im
 Mittelalter praktizierten Glauben dann für legitim, wenn er
 durch die Bibel abgedeckt ist. Man akzeptiert die Übernatür-
 lichkeit der Person Jesu und möchte an diesem Mythos nicht
 gerüttelt haben. Allein der Textus receptus wird anerkannt.
 Auf den ersten Blick ist nichts gegen diese Meinung einzu-
 wenden. Aber man sollte nicht außer Acht lassen, dass der
 Hauptakteur in den vier Evangelien jüdischen Glaubens war.
 Das wird nicht selten vergessen. So müsste die Forschung
 eigentlich hier ansetzen. Stattdessen hat man bis in die
 Sechziger Jesus als Gegner der jüdischen Religion be-
 trachtet, obwohl seine Lehren oft sehr nahe an die rabbi-
 nische Gelehrsamkeit seiner Zeit heranreichten. Das von
 allen Christen gebetete „Vater unser“ hat einen jüdischen
 Ursprung. Er kleidete und verhielt sich wie ein Jude aus
 Galiläa, die oft den Anspruch erhoben, von allen Juden
 die Vorbildlichsten zu sein. Von den Umständen seines
 Auftritts wissen wir mehr, über sein Herkommen aller-
 dings sehr wenig. Der Grund liegt darin, dass in den
 ersten Jahrhunderten nie ein Interesse bestand, Jesus
 in die Nähe des Judentums zu bringen. Dies hätte eine
 Integration in den römischen Staat nachhaltig erschwert.
 Alles in allem muss gesagt werden, dass die auffallend
 in der Öffentlichkeit agierenden christlichen Freikirchen
 trotz aller Bemühungen durch den Aufbau eigener Lehr-
 einrichtungen eine kritische Auseinandersetzung mit den
 propagierten Glaubensvorstellungen nicht zulassen. Doch
 gilt der allgemeine Ausspruch: Glauben heißt nicht wissen.
 Vereinzelt gibt es bei der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-
 Adventisten interne Querelen, da die Leitung nachhaltig ver-
 sucht, ihre Lehren den Anforderungen der Ökumene anzu-
 passen. So gibt es in der Praxis opponierende Gruppen, die
 sich konsequent der Ökumene entziehen möchten und auch
 eigene Versammlungsräume unterhalten.  

