AUTOR: Josef Theobald
In den Siebziger Jahren entstanden in zahlreichen Städten im Westen 
 Deutschlands und anderen westeuropäischen Ländern Zufluchtsstätten
 für Frauen mit ihren Kindern, um sie vor Übergriffen ihrer Ehemänner
 oder Partner schützen zu können. Hier gingen in der Regel physische
 und psychische Misshandlungen voran.
Historisch gesehen gehen die Frauenhäuser auf mittelalterliche Städte-
 planungen zurück. Zunächst ist das horizontale Gewerbe in bestimmte
 Gassen verbannt worden. Dann sperrte sie man in „Frauenhäuser“ mit
 der Auflage, meist auffällige Kleidung zu tragen. So hatten die in die-
 sem Gewerbe arbeitenden Frauen in Augsburg einen grünen Streifen 
 am Schleier zu tragen. In Bern und in Zürich erkannte man sie an den
 roten Käppchen. Anderswo waren gelbe Bänder und kurze Mäntel die
 entsprechenden Attribute.
Kirchlicherseits verweigerte man ihnen den Empfang der Sakramente.
Das älteste Frauenhaus finden wir in Köln. 1527 wurde damit begonnen,
 ein derartiges Gebäude zu erstellen. Denn zuvor waren ja alle Versuche 
 gescheitert, das damalige Dirnenwesen ohne eine solche Einrichtung auf 
 bestimmte Bereiche zu beschränken. Nach dem Kaufmann und Chronisten
 Hermann von Weinsberg (1518-1597) war dies ein hölzernes Gebäude auf
 Steinfundamenten gewesen. Dahinter gab es einen Hof und einen Friedhof. 
 Auf dem Schieferdach trug es die Stadtwimpel mit den Kronen.
Schon damals wurden die Getränke zu überteuerten Preisen an den Mann
 bzw. die Dirnen gebracht. So knöpfte die Wirtin des Hurenwirtshauses, die
 Catharina von Lidburgh, ihren Gästen für einen Quart (ca. 1,22 l) Wein 48 
 Heller ab. Die übrigen Weinwirte verlangten für die gleiche Menge 32 – 34 
 Heller, höchstens aber 36 Heller.
Waren die Dirnen nicht ortsansässig, dann zogen sie mit den Landsknecht-
 truppen oder ab dem Zeitalter des Absolutismus mit den neuen Armeen. In
 vielen Fällen lebten sie mit einem Soldaten in eheähnlichen Verhältnissen.
 Zuweilen gab es aber auch den Zuverdienst ihrer Partner, nachdem sie die
 Rolle eines Zuhälters zu spielen wussten. Da gab es fließende Übergänge.
Schon 1591 gab es Beispiele für Perversionen. Italienische Kunden zahlten
 Kölner Huren dafür, dass sie sich z. B. vor einem Liebesakt mit Besenruten 
 auspeitschen ließen. Dabei richtete sich die Entlohnung nach der erreichten
 Befriedigung.
Zum eindeutig-zweideutigen Zeichen der Prostitution wird das tiefe Dekolleté
 und das Hinauslehnen aus dem Fenster.
Im Laufe der Jahrhunderte veränderte die Prostitution ihr Gesicht. Im 17. und 
 18. Jahrhundert gleicht manches Bordell auf den ersten Blick plötzlich einem
 bürgerlichen Salon, wo man erst nach einer Tasse Schokolade und mancher-
 lei Konversation zur Sache kommt. [1]
Die Einstellung zur Prostitution in Deutschland änderte sich 1891, als ein 
 Zuhälter mit Namen Heinze wegen Mordes und Zuhälterei angeklagt wur-
 de. Dieser Fall wurde zum Anlass genommen, erstmals Gesetze gegen
 die Prostitution zu erlassen. Die „lex Heinze“, die 1891 im Reichstag ein-
 gebracht wurde, sah verschärfte Strafen für Kuppelei, Zuhälterei u. ä. vor;
 sie wurde aber erst nach langwierigen Verhandlungen im Jahre 1900 an-
 genommen.
Im Vereinigten Königreich waren die Verhältnisse anders. Hier gab es keine
 Sittenpolizei, keine Kontrolle oder ärztliche Untersuchung. Dennoch war die 
 Macht der Polizei übergroß. Denn es war weiterhin strafbar, ein Bordell (eng-
 lisch: „disorderly house“) zu unterhalten. So konnte jedes Haus, wo ein Mädel
 wohnt und dementsprechend regelmäßig Besucher empfängt, als ein solches 
 Haus behandelt werden. Trotz der argen Erpressungen durch die Polizei gab
 es für die leichten Mädchen eine relative Freiheit von degradierenden Polizei-
 fesseln. Denn sie konnten sich im Vergleich zu den Verhältnissen in Deutsch-
 land einen selbständigen und selbstachtenden Charakter bewahren.
In Manchester gab es ganze Kolonien solcher junger Leute – Bourgeois oder 
 Kommis (kaufmännische Angestellte) -, die mit derartigen Mädels lebten, und 
 viele waren legitim mit ihnen verheiratet und vertrugen sich mindestens eben-
 so gut wie die Bourgeois und Bourgeoisen.
Einzelne so verheiratete Mädel verzogen in andere Städte, wo sie keine „alten
 Bekannten“ zu treffen befürchteten. Dort sind sie Teil der respektablen Bürger-
 welt und selbst unter den Squires – den dortigen Landjunkern – waren sie ein-
 geführt gewesen, ohne dass jemals jemand den geringsten Anstoß an ihnen
 bemerkte. [2]
ANMERKUNGEN [1] Bernd Roeck, Außenseiter, Randgruppen Minderheiten (Fremde im Deutschland der frühen Neuzeit), erschienen in der Kleinen Vanden- hoeck-Reihe, Göttingen 1993, Seiten 123/24, 126 – 128. [2] Marx – Engels, Werke, Band 38, Dietz Verlag, Berlin-Ost 1968, die Seiten 552/53 und 652.

