AUTOR: Josef Theobald
 Aus den vorliegenden historischen Quellen der Volksrepublik China ist zu
 entnehmen, dass die Insel Taiwan schon immer der Ort gewesen war, an
 dem im Zuge des Volksbefreiungskrieges die größten Anti-Guomindang-
 Aktionen gestartet worden waren. Nach 50 Jahren der japanischen Besa-
 tzung hatte 1945 die intensiv patriotische Bevölkerung dort angesichts der
 langersehnten Wiedervereinigung mit dem Rest des Landes aufgejubelt
 und beträchtliche Illusionen über das Tschiang-Kai-schek-Regime gehegt.
 Gegen das Jahr 1947 aber hatten die Unterdrückung und die ungebührlichen
 Forderungen der Guomindang sie in die offene Revolte getrieben, die Teil des
 Befreiungskampfes des gesamten chinesischen Volkes war. Der Aufstand vom
 28. Februar 1947 wurde durch das gnadenlose Massaker an Zehntausenden
 von Menschen niedergeschlagen. [1]
Diese Darstellung trifft allerdings nur teilweise zu.
 Die Übersetzung der verlotterten Guomindang-Soldateska und anderer ver-
 rotteter Guomindang-Reste nach Taiwan sorgte für tiefe Enttäuschung bei
 den Taiwanesen. Die Insel Taiwan wurde regelrecht als Repräsentanten
 Chinas vereinnahmt. Die Mitglieder der taiwanesischen Oberschicht lebten
 als Fremde und Untergetauchte bis in die Siebziger Jahre im eigenen Land.
 Denn Taiwan war in den Fünfziger Jahren durch Terror und Repression ge-
 prägt. Erst nach dem Gaoxiong-Zwischenfall am 10. Dezember 1979 wurde
 der Guomindang-Einparteien-Diktatur das Recht auf politische Opposition
 abgetrotzt. Noch 1979 wurde in einem Schauprozess versucht, die auf-
 sässige taiwanesische oppositionelle Intelligenz zu unterdrücken. Doch
 hatte sich dieser Prozess als untaugliches Instrument gegen die Literaten
 auf der Insel erwiesen.
 Schon 1945 wurden taiwanesische Soldaten von der Guomindang gegen
 die Kommunisten rekrutiert. Deshalb gab es absurde Menschenopfer zum
 Ende des Bürgerkrieges. Die Überlebenden galten als „Verräter“ und sind
 nach ihrer Rückkehr unter politischen Verdacht gestellt worden. Ihnen wa-
 ren allgegenwärtige Guomindang-Spitzel auf den Fersen.
 Infolge der militärischen und propagandistischen Erfolge der Kommunisten
 liefen viele Guomindang-Divisionen zu den Kommunisten über. Die Soldaten
 aus Taiwan waren von den Japanern an modernen Waffen ausgebildet wor-
 den und waren für die Kommunisten eine kostbare Kriegsbeute. An der Front
 errangen sie zwar den Ruf großer Tapferkeit, fanden aber in großen Zahlen
 den Tod. Aus diesem Grunde machten taiwanesische Heerführer der KP-
 Führung in Yan’an den Vorschlag, auf den Einsatz taiwanesischer Soldaten
 zu verzichten. Stattdessen sollte ihnen eine Spezialausbildung für die an-
 stehende Rückeroberung Taiwans gegeben werden. Die KP-Führung hatte
 diesem Vorschlag zugestimmt und dann im Taihang-Gebirge begann die ent-
 sprechende Ausbildung taiwanesischer Truppen. Aus Misstrauen gegenüber
 den taiwanesischen Soldaten entsandten sie Hakka[2]-Kader aus dem Kreis
 Meixian in der Provinz Guangdong und Kader aus Fukien, um Spannungen
 in der Truppe zwischen Taiwanesen und Hakkas zu schüren und sich auch
 dadurch auf diese Weise der Kontrolle über die taiwanesischen Soldaten zu
 versichern. Dies sorgte jetzt für erste Anzeichen einer Abwendung vom chi-
 nesischen Heimatland.
 Rückkehrende Taiwanesen gründeten eine Partisanenarmee. Überlebende
 des Massakers vom Februar 1947 schlossen sich nun in der Gegend von
 Shuangxi (bei Taibei) und Dahu (bei Miaoli) zur Revolutionären Bewaffneten
 Truppe für taiwanesische Unabhängigkeit zusammen. Im Jahre 1967 bemühte
 man sich, die Vereinigung für taiwanesische Unabhängigkeit zu gründen, in
 der alle im japanischen Exil existierenden Vereinigungen zusammengefasst
 werden sollten. Doch kam es zu keiner Einigung bei den bestehenden Exil-
 verbänden. Die Gründung des Vereins für ein unabhängiges Taiwan sollte
 den Weg für die Gründung einer sozialistischen Partei ebnen. Denn alle Be-
 mühungen für die Vorbereitung eines bewaffneten Widerstandes auf Taiwan
 waren vergeblich.
 In der von Shi Ming (geboren 1941) gegründeten Tangwai-Bewegung setzte
 man sich intensiv mit der jüngeren Geschichte Chinas auseinander. Hier gab
 es viel Kritik an Mao Zedong (1893-1976) und an den Vätern der kommunisti-
 schen Bewegung (Lenin und Stalin). Sie hätten beim Aufbau des Sozialismus
 in ihren Ländern die demokratischen Prinzipien völlig missachtet. Mao hätte
 in der Orientierung am traditionellen Kaisertum seine Diktatur ausgerichtet.
 Dabei wäre es ihm in erster Linie unter dem Vorwand des Sozialismus um
 den Aufbau eines persönlichen, faschistischen Systems gegangen. In der
 Zeit der Guomindang-Herrschaft auf Taiwan hatte man aufgrund der erfolg-
 ten Rückgaben von Hongkong durch England und Macao durch Portugal
 Angst, auch Taiwan würde an das Pekinger Regime verkauft. [3]
 Am 28. September 1986 wurde die Demokratische Fortschrittspartei (DPP)
 gegründet. Sie bestand damals aus drei Fraktionen: Aus der ersten Gruppe
 um das Magazin „Formosa“, aus der zweiten Gruppe um das Monatsmagazin
 „Die 80-er“ und aus der dritten Gruppe, die aus örtlichen politischen Klans be-
 stand, die eine intensive und beständige Schirmherr-Klienten-Beziehung über
 Jahre hinweg pflegten. [4]   
sprachige Literatur, Beijing (China) 1985, Seite 257.
lauf des Huanghe, von wo sie aus, bedingt durch Hungersnöte, vor
langer Zeit auswanderten und in den bergigen Gegenden Guang-
dongs Zuflucht suchten. Die Abkömmlinge wurden von den Ein-
heimischen „Hakka“ genannt, was so viel wie „Gäste“ oder „Gast-
familien“ bedeutet. Eine Besonderheit besteht hier in der Bauweise
ihrer Wohnungen. Um dem Banditentum im Süden Chinas zu be-
gegnen, bauten sie vielfach 20 m hohe Rundhäuser, die in ihren
vielen Wohnungen mit 4 bis 6 Etagen mehreren Großfamilien Un-
terkunft und Schutz bieten konnten. Zum Zwecke der Verteidigung
wurden in den Berggebieten von Fujian sogar mehrfach benachbarte
Rundhäuser miteinander verbunden und zu regelrechten Wehrdörfern
ausgebaut. (Josef Guter, LEXIKON DER GESCHICHTE CHINAS –
Sieben Jahrtausende im Überblick, Matrix Verlag, Wiesbaden 2004,
Seite 176)
Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, die Seiten 639 – 657.

